Klein, aber oho!

Im Unterwuchs die Heidelbeeren finden

Es ist noch nicht allzu lange her, da haben wir Menschen generell eine geringere Körpergröße aufgewiesen, als dies heute der Fall ist. Allein die Türen und die Einrichtungsgegenstände der vergangenen Jahrhunderte weisen eindeutig den Umstand aus, dass die damals lebende Bevölkerung schlicht und einfach kleinwüchsiger war. Wer sich aus einer Gärtnerei die kultivierten Heidelbeersträucher mit nach Hause nimmt, hat es meist mit einer hoch aufstrebenden Staude zu tun, die es einem ermöglicht, sich beim Ernten der schmackhaften Blaubeeren nicht allzu tief bücken zu müssen. In diesem Falle handelt es sich um eine auf dem amerikanischen Kontinent gezüchtete Sorte. In den heimischen Wäldern jedoch bleibt die heimische Pflanze in ihrer Wuchshöhe ganz bescheiden. Das wissen auch alle, die sich in der bereits zurückliegenden Beerensaison auf den Weg gemacht haben, um unter hochgewachsenen Fichten- oder Föhrenbeständen gleichsam auf die Pirsch zu gehen, um der Heidelbeeren habhaft zu werden. Da heißt es sich bücken und geduldig die blauschimmernden Früchte von den Blättern zu trennen, die nun einmal auch beim Pflücken unweigerlich anfallen. In ihrem Gehalt und in ihrem Geschmack ziehe ich persönlich die wildgereiften Köstlichkeiten den gezüchteten Verwandten vor, auch wenn der Genuss letzterer durchaus zu empfehlen ist. In meinem Elternhaus gehörten getrocknete Heidelbeeren zum stets griffbereiten Inventar unserer Speisekammer. Ich gestehe heute ein, dass ich als Kind noch nicht ganz den Wert dieser Ware abschätzen konnte, musste ich doch wohl oder übel beim zeit- und geduldsaufwändigen Pflücken der Heidelbeeren mit von der Partie sein.

Hausmittel bei Durchfall:

Von aus dem Wald geernteten und getrockneten Heidelbeeren (Vaccinium myrtillus) nimmt man 5 volle Esslöffel und setzt sie über Nacht in 1 Liter kaltem Wasser an. Am Morgen den Ansatz dann leicht erwärmen und den Fruchtrückstand auspressen. Das so entstandene Quantum bei Durchfall als Tagesration trinken, um die Beschwerden zu lindern.

Heidelbeeren ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Eine Distel ohne Stacheln

Die Artischocke hat auch heilenden Wert

Den Philosophen Aristoteles muss man nicht extra vorstellen. Wenn sich jemand auch nicht im Zuge seiner schulischen oder universitären Ausbildung mit diesem herausragenden Denker auseinandersetzen musste, so hat man auf jeden Fall schon einmal seinen Namen gehört. Was hat nun der antike Gelehrte mit der Artischocke zu tun? In der Reihe seiner überlieferten Schriften befindet sich auch die in lateinischer Sprache betitelte Abhandlung „Historia animalium“. Darin werden die einzelnen Tiere beschrieben und klassifiziert. Unter den Vögeln findet sich unter anderem die von Aristoteles bezeichnete Gruppe der Distelfresser. Was auch immer der Grund dafür sein mag: uns Zweibeinern würde nicht so leicht eine Distel über die Lippen kommen! Oder doch? Nun, wenn wir es genau betrachten, ist die Artischocke (Cynara scolymus) ein distelartiges Gewächs, das Gott sei Dank auf die Dornen zu verzichten weiß. Dieses Gemüse wurde im Lauf der Jahrhunderte so herangezüchtet, dass es heute sehr gut als Delikatesse sowie als gesunde Beigabe zu mancherlei Köstlichkeiten herangezogen werden kann. In den Gärten kann man entweder im Frühling den Samen in die vorbereiteten Beete säen oder man besorgt sich im frühen Sommer im einschlägigen Fachhandel junge Pflanzen für die eigene grüne Hausapotheke vor dem Fenster. Die Artischocke verlangt einen tiefgründigen, sandigen Boden in sonniger Lage. Sie gedeiht besonders gut, wenn ihr Wuchsort nach Möglichkeit windgeschützt ist. Abgesehen von der kulinarischen Zubereitung lassen sich die Blätter der Artischocke auch ernten und trocknen. In ihrer Heilwirkung regt dieser grüne Gartenfreund den Gallenfluss und die Lebertätigkeit an, senkt einen erhöhten Cholesterinspiegel und hilft generell bei Verdauungsstörungen.

Artischocken-Tee:

Von den getrockneten und zerkleinerten Blättern nimmt man 2 Teelöffel voll und übergießt sie mit 1/4 Liter kochendem Wasser. 15 Minuten zugedeckt ziehen lassen und abschließend abseihen. Im Regelfall trinkt man eine Zeit lang, aber nicht länger als 3 Wochen hintereinander, je morgens und abends eine Schale voll, ohne den Tee zu süßen.

Artischocke ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Wenn die Erdbeersaison endet

Auf die Blätter nicht vergessen

Eben stand noch ein Eisbecher vor mir. Keine Frage, dass ich ihn ganz ausgeputzt habe. Fast bin ich versucht zu sagen, dass man sich ja sonst nichts gönnt. Immerhin war meine Favoritensorte Erdbeere dabei. Im Sommer gehört es zu den vielen Köstlichkeiten, die Früchte des Gartens ganz frisch und sehr schmackhaft verarbeitet auf den Tisch kredenzt zu bekommen. Aber irgendwann ist einmal Schluss mit den reifen Früchten, so dass man wiederum auf die Lieferung aus anderen Ländern bzw. Klimazonen angewiesen ist. Ob das Obst, die Früchte oder das Gemüse dann wirklich frisch sind, bleibt dahingestellt. Kürzer als die Saison auf den angelegten Beeten und Feldern ist die Fruchtdauer der wilden Stauden im Wald und am Feldrain. Die Walderdbeeren haben im Vergleich zu den großgewachsenen Ananaserdbeeren ein viel intensiveres Aroma. Das entschädigt irgendwie auch die größere Mühe des Pflückens der kleingewachsenen Früchte. Im Verlauf der schönen Jahreszeit dürfen wir aber unser Augenmerk ruhig auf die grünen Pflanzenteile der Walderdbeere lenken, im Speziellen auf die Blätter. Auch sie sind wertvoll und haben in der Phytotherapie sowohl ihre Bedeutung als auch ihre Berechtigung. Das gilt im Übrigen ebenso für die Brombeer- und Himbeerstauden. Oft finden sie ihre Verwendung in diversesten Teemischungen, um die einzelnen Heilwirkungen anderer Kräuter gut zu ergänzen. Aber auch für sich allein gesehen sind sie durchaus wertvoll. Vergessen wir dabei nicht auf die Haut, die durch ihre Poren so manches Gute in unser Inneres weiterzuleiten vermag. Eine Badewanne genügt, um diese Wohltat auszuführen.

Walderdbeerblätter-Bad:

Mit 2 Liter kochendem Wasser übergießt man ca. 150 g getrocknete und zerkleinerte Blätter der Walderdbeere (Fragaria vesca). Beides zusammen 20 Minuten zugedeckt ziehen lassen und dann abseihen. Den Tee dem Badewasser in der Wanne beigeben und wiederum 20 Minuten drinnen bleiben. Diese Anwendung ist von zusammenziehender, erfrischender und reinigender Wirkung. Überdies wird über die Haut die Funktion des Darmes von den Walderdbeerblättern positiv beeinflusst.

Walderdbeere ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Sonne im Herzen speichern

Mit der Goldmelisse das eigene Ich öffnen

„Das Leben des Lebens ist und bleibt die Liebe. Lieben ist ein Ver-Schenken. Ein Her-Geben. Ein Glücklich-Sein durch Geben-Dürfen. Kurz gefasst: Dienst am anderen. Es tut auch dem Physischen, dem Leiblichen gut, erhebt und adelt es.“ Ja, und welche Pflanze steht mir dann zur Seite, um mein Herz liebevoll wahrzunehmen und zu pflegen? Es ist die Goldmelisse (Monarda dydima), die auch aufgrund ihrer Herkunft Indianernessel genannt wird. Für Hermann-Josef Weidinger war sie die beste Hilfe, um die eigene Herzenswärme zu unterstützen. Von ihm stammt auch das obige Zitat. Die Blüten dieses Heilkrauts lassen sich bei voller Entfaltung trocknen und zur Gewinnung eines Tees verwenden, der mit seiner goldgelben Farbe zusätzlich das Auge erfreut. Hat jemand die Goldmelisse im Garten gepflanzt, dann stellt dieses Heilkraut auch eine Wohltat für die Bienen dar, die ohnedies in der fortgeschrittenen Sommerszeit für jede nektarhaltige Blüte dankbar sind. In unserem Suchen nach dem Sinn des Lebens dürfen wir immer wieder neu auf die Tatsache stoßen, dass die Fülle unserer Existenz gerade dadurch ermöglicht wird, indem wir für jemanden oder für etwas da sind. Die Monarde signalisiert das durch ihr hübsches Erscheinungsbild. Wir dürfen also ruhig in zweierlei Beziehung zugreifen: einerseits nach den wertvollen Wirkstoffen des Krautes und andererseits nach der verborgenen Weisheit, die in jedem Lebewesen unserer Natur drinnen steckt. Und schließlich widerspricht ein liebender Blick, der in dieser Weise vollzogen wird, den rein materiell erkennbaren physikalischen Gesetzmäßigkeiten: denn je weiter ich so mein Herz öffne, desto wärmer wird es auch.

Goldmelissen-Wein fürs Gemüt:

Frische Blütenblätter der Goldmelisse (= Monarde) in einer Menge von 45 g werden mit 1 Liter Rotwein übergossen und 8 Tage in die Sonne gestellt. Danach abseihen und lichtgeschützt im Kühlen lagern. Ab und zu ein Stamperl davon getrunken, fördert das die Herzenswärme und unterstützt die vielleicht gar sehr verborgene Güte im Innern des Genießers.

Goldmelisse mit Schmetterlingen ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Ruhig mit dem Mond gehen

Das Gemüt mit Thymian festigen

Nun ist es schon 45 Jahre her, dass Menschen zum ersten Mal den Mond betreten konnten. Die Technik der Raumfahrt machte nach dem 2. Weltkrieg derart rasante Fortschritte und gleichsam utopische Vorstellungen wahr. Heute kommt einem eine Mondfahrt eher schon wie eine Routineübung vor, obwohl immer noch vieles dafür investiert werden muss.
Wenn ich im Garten den Thymian stehen sehe oder auf einer Wanderung die wilden Arten dieses Heilkrautes entdecken darf, dann kommt mir kaum der Mond in den Sinn.
Das ist schon eher umgekehrt. Denn ich meine, die einzelnen Mondphasen direkt oder indirekt zu spüren. Vor dem Vollmond ist das besonders der Fall. Nun, mich verwundert dieses Phänomen keineswegs. Immerhin reagieren sogar die Meere auf die jeweilige Position des Mondes auf seiner Umlaufbahn rund um unsere schöne Erde. Mit dem Mond zu gehen, heißt noch lange nicht, in einer fragwürdigen Weise der Astrologie verfallen zu sein. Kein Lebewesen lebt letztendlich isoliert von den anderen auf dieser Welt und somit ist es nur ein logischer Schluss, wenn auch Planeten und Sterne ihre Auswirkungen auf unser Empfinden haben. Es gehört eben zu den Wundern der Schöpfung, in die uns Gott voll Liebe hineingesetzt hat und die er uns gleichzeitig zumutet. Heute ist wieder einmal Sonntag und somit die Gelegenheit, über das Werk des Allmächtigen zu staunen. Und der Mond ist im Zunehmen. Mental können sich all jene schon darauf vorbereiten, indem sie sich vornehmen, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Unsere Physis unterstützen der Thymian und seine Verwandten, wie z. B. der Quendel, um gut über die Runden zu kommen.

Thymian-Tee als Mondgetränk:

Thymiantee oder aus getrockneten Pflanzenteilen des Quendels im Heißaufguss zubereiteten Tee kann man besonders in den letzten 7 Tagen vor dem Vollmond trinken, am besten in der Früh und am Abend eine Tasse. Das hat sich schon bei vielen bewährt, die unter den Folgen des von der Sonne erhellten Erdtrabanten leiden.

Thymian ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Ein Allerweltskraut schätzen

Die Kamille ist vielen bekannt

Welche Erfahrung haben Sie schon mit Kräutern gemacht? – Unter den vielfältigen Antworten taucht sehr oft das Trinken von Kamillentee auf. Ja, es ist ja auch nicht leicht, in der freien Natur die Kräuter voneinander zu unterscheiden oder gar beim Namen zu kennen. Aber die Kamille (Matricaria chamomilla) kennt wohl bald jedes Kind. Ich denke, ich liege nicht ganz falsch in der Annahme, dass viele ihren Zugang zur Kamille über die im Handel üblichen Teebeutel fanden, die man praktischerweise in eine Tasse oder in eine Kanne mit heißem Wasser hängen kann. Begegnet man hingegen den unterschiedlichen Arten im Garten oder auf einer Wanderung durch die naturbelassenen Landstriche, so kann einem schon manchmal der Zweifel packen, weil der Duft allein noch nicht das ausschlaggebende Indiz zur Bestimmung der Echten Kamille darstellt. Dazu muss man schon die Blütenköpfe mit den Fingernägeln halbieren und öffnen. Wird dadurch ein Hohlraum sichtbar, so kann man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass es sich um das gesuchte Kraut handelt. Bei der Acker-Hundskamille (Anthemis arvensis) hingegen, die im Aussehen sehr ähnlich ist, sind diese Köpfchen innen ganz ausgefüllt. In der langen Zeit, in der Menschen Erfahrungen mit der Echten Kamille gesammelt haben, ging es logischerweise nicht nur darum, bei Übelkeit des Magens schnell einen Tee zu kochen. Viele andere Anwendungen wurden entwickelt, um die positiven Kräfte des milden und liebenswerten Heilkrauts zu bergen und dem Organismus zuzuführen. Kamillentinktur z.B. nimmt man tropfenweise bei schmerzhaften Krämpfen und bei nervösen Magenschmerzen. An dieser Stelle sei aber wiederholt darauf hingewiesen, dass eine Einseitigkeit in der Verwendung eines Heilgewächses niemals gut ist. Wie haben es schon die alten Lateiner zum Ausdruck gebracht: Variatio delectat! (Abwechslung bringt Freude).

Kamillentinktur zubereiten:

In 1 Liter 70%igen Alkohol in Form von Obst- oder Kornbrand gibt man eine Menge von 100 g getrockneter Kamillenblüten. 14 Tage gut verschlossen bei Zimmertemperatur stehen lassen. Den Rückstand setzt man nach dem Abseihen dann 3 Stunden lang in 1/2 Liter abgekochtem und ausgekühltem Wasser an, filtriert die entstandene Flüssigkeit ab und fügt sie dem alkoholischen Ansatz hinzu. Noch einmal 14 Tage stehen lassen, danach abfüllen und kühl im Dunkeln lagern.

Kamille ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Wenn Zähne auf sich aufmerksam

Das Lächeln der Stockrose anwenden

Diese Kolumne enthält Produktplatzierungen! – Ja, am liebsten würde ich jetzt eine Werbung für Zahnpaste nach der anderen aufsagen, wie zum Beispiel: „… damit Sie auch morgen noch kraftvoll zubeißen können.“ Dieser Spruch liegt schon lange Zeit zurück. Und Marke nenne ich auch keine. Aber was wird uns nicht alles versprochen, wenn wir eben z. B. das eine oder andere Mittel zur Mundhygiene verwenden. Blumen haben diese Sorgen nicht. Die Stockrose (Alcea rosea) ist ein gutes Beispiel dafür. Ihr Lächeln hat meist eine andere Farbe als strahlendes Weiß. Es sitzt auf ihren wunderbaren Blüten, die wir in unzähligen Vor- und Bauerngärten antreffen. Seit jeher möchte man das Areal vor seinem eigenen Haus im Sommer ansehnlich erscheinen lassen. Das kann natürlich nicht besser als durch eine Blumenpracht geschehen, die gerade durch die Stockrose gewährleistet wird. Der Name dieses Ziergewächses ist ein wenig irreführend, zählt es doch in Wahrheit zur Familie der Malvengewächse. Ihre Verwandtschaft sind also u. a. Eibisch und Käsepappel. Vom Gärtchen aber wiederum zurück zur eigenen Mundhöhle. Ein durchdringender Schmerz kann einem im Nu das Lächeln ganz schön vermiesen. Solange die eigenen Zähne voll intakt sind, signalisieren die darunter liegenden Nerven sehr bald, dass etwas mit der Konstitution des Gebisses nicht stimmt. So unangenehm es womöglich auch sein mag, den Zahnarzt aufzusuchen, so erlösend können ein rechtzeitiges Diagnostizieren der Schmerzquelle und ein ehebaldiges Behandeln wiederum sein. Gewiss gibt es auch Zeiten der Überbrückung, in denen man mit der lokalen Beeinträchtigung unseres Wohlbefindens umgehen muss. Da kann die Stockrose vorübergehend wieder ein Lächeln ermöglichen.

Stockrosenblüten-Wein:

2 Teelöffel voller getrockneter und zerkleinerter Stockrosenblüten werden in 1/4 Liter Rotwein aufgekocht. 1/2 Stunde zugedeckt ziehen lassen, dann abseihen und filtrieren. Bei Zahnschmerzen kann man damit zuerst die ganze Rachenhöhle ausspülen und hernach die Flüssigkeit einige Minuten über der schmerzenden Stelle im Mund halten, bevor man sie dann wieder ausspuckt.

Stockrose ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Kräuter lassen sich entsaften

Der Borretsch ist ein Beispiel dafür

Sommerzeit ist Saftzeit! Wenn eine Frucht nach der anderen reift, dann ist es einfach nur gut und logisch, die Gaben der Natur nicht verderben zu lassen. Eine Form davon ist der frisch gepresste oder durch den Dampfentsafter am Herd haltbar gemachte Fruchtnektar. Sieht man hingegen Kräuter im Beet und auf der Wiese stehen, denkt man kaum an einen erfrischenden Trunk. Im Falle des Borretsch (Borago officinalis) ist das aber anders. Wie gewinnt man nun die in den Pflanzenteilen vorhandene Flüssigkeit aus dem Gurkenkraut, wie das Raublattgewächs auch im Volksmund genannt wird. Dazu pflückt man vornehmlich am Vormittag einige blühende Triebspitzen des Gewächses und fügt noch ein paar schön ausgebildete Blätter desselben hinzu. Auf einen flachen Teller gelegt, wird das Ganze mit ein wenig frischem Wasser besprengt. 3 Stunden lang stehen lassen und abschließend den präparierten Borretsch durch einen Fleischwolf drehen. Den so entstandenen Pflanzenbrei presst man nun durch ein Leinentuch aus. Es versteht sich wohl von selbst, dass dabei keine Unmengen an Borretsch-Saft anfallen. Dennoch genügt oft schon eine kleine Menge, um damit der Gesundheit des Körpers und der Seele etwas Gutes zu tun. Gerade in angespannten Situationen wie etwa vor anstehenden Prüfungen erweist sich ein Schluck des entsafteten Krautes als beruhigend und stärkend. Es gibt also verschiedene Weisen, um an die geschätzten Inhaltsstoffe eines Heilgewächses heranzukommen. Voraussetzung dafür ist aber in erster Linie die Achtung vor dem Geschöpf an unserer Seite, in dem unter anderem die Sympathie Gottes dem Menschen gegenüber zum Ausdruck kommt.

Den Stuhlgang fördern:

Eine Verdauung, die in geregelten Bahnen ihren Dienst versieht, ist Goldes wert. Andernfalls können wir uns mit dem Borretsch ein wenig helfen. Es fördert z. B. den Stuhlgang, wenn man abends 1 Stunde vor dem Zubettgehen in ein Glas Sauermilch 1 Esslöffel voll Borretschsaft mischt und die so angereicherte Sauermilch trinkt. Diese Maßnahme hat zudem eine blutreinigende Wirkung.

Borretsch mit Wurzel ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Erdgebundenheit und Himmelblick

Sich wie der Ysop einspannen lassen

In vielen Kräutergärten ist es selbstverständlich, dem Ysop (Hyssopus officinalis) einen Platz einzuräumen. Das hat auch seinen Grund. Er ist nämlich ein sehr angenehmer Zeitgenosse. Seit langem schon hat er in den Küchen Einzug gehalten, um als Würzkraut zu dienen. Dieser Aspekt führt uns auch gleichzeitig auf die richtige Spur seiner wertvollen Heilwirkung. Aber zuvor möchte ich noch ein wenig die Aufmerksamkeit auf unsere menschliche Verfasstheit richten. Vieles kann uns in seinen Bann ziehen, positiv und negativ. Mit all unserem Streben nach Glück und Erfolg kann es jedoch leicht passieren, dass wir kaum mehr einzuschätzen vermögen, was uns fesselt oder womöglich gar versklavt. Es gibt durchaus auch eine schädliche Entwicklung in all unserer Sorge um das Leben, um das Überleben. Es ist meiner Meinung nach wichtig, alles Vergängliche immer in Relation zur Ewigkeit zu betrachten. Hermann-Josef Weidinger hat es sehr treffend in einer seiner vielen Schriften formuliert, was ich meine: „Nur dann kann man in seiner Erdgebundenheit und Lebensenge vertrauensvoll gelassen den Blick nach oben richten, wenn man es verstanden hat, in die Tiefe seines Lebens hinabzusteigen. Die Kraft der Seele und des Körpers richtig einzuschätzen. Wir erobern so jenen Grund in einer bewegten Welt, der zur Quelle der Innerlichkeit wird. Unsere seelische Verfassung hebt und erhellt.“ Wenn wir uns aufrecht hinstellen, so befindet sich unser Verdauungstrakt eigentlich zwischen Himmel und Erde. Ihm dient vor allem der Ysop.

Ysop und Fenchel kombinieren:

Getrocknetes und zerkleinertes Ysopkraut wird mit der gleichen Menge Fenchelsamen gut durchmischt. Um einen Tee daraus zuzubereiten, nimmt man 2 Teelöffel der Mischung und übergießt diese mit 1/4 Liter kochendem Wasser. Zugedeckt 15 Minuten lang ziehen lassen und dann abseihen. Dieser Tee erweist sich besonders bei Magen- und Darmschmerzen und selbst bei Gelbsucht als äußerst wirksam.

Ysop ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya

Haut behalten oder abgeben

Der Lavendel hilft festigen

Die Zeit vergeht schneller als man es wahrhaben möchte. Hat man sich erst einmal an die Ferien oder ein paar Tage Urlaub gewöhnt, muss man sich schon wieder auf die regulären Rhythmen des schulischen bzw. arbeitsmäßigen Alltags einstellen. Da und dort steht nun der Lavendel in voller Blüte und lässt uns im Hinschwinden der Stunden und Tage ein wenig innehalten. Das südliche Flair, das diese sympathische Blume verbreitet, regt uns vielleicht an, sich nach Möglichkeit noch einmal kurz in die Sonne zu legen. Die Haut soll wunschgemäß viel Licht tanken und ein wenig mehr Farbe bekommen. Selbstverständlich achtet dabei jeder auf den eigenen Typus seiner äußeren Schicht, so dass die Unvernunft hoffentlich den Kürzeren zieht. Nicht selten kommt es jedoch vor, dass man es gar zu gut meint und länger in der prallen Sonne liegen bleibt, als es unserem Körper gut tut. Die Reaktion des Kreislaufes sowie der Haut lassen dann nicht lange auf sich warten. Daher ist es sicher besser, mit Maß und Ziel den gegenwärtigen Sommer zu genießen. Es ist nun einmal einigen Reptilien vorbehalten, aus ihrer eigenen Haut im wahrsten Sinne des Wortes herauszuschlüpfen, um mit einer neuen Schutzschicht gewappnet und gepanzert zu sein. Bei uns Menschen hat eben eine zu intensive Sonneneinwirkung zur Folge, dass die Haut abgeht.
Der Lavendel ist seit jeher ein Gewächs, das sich mit uns sowohl die Freude als auch die Leiden des Sommers teilt. Er stellt uns gerade jetzt seine Wirkkräfte zur Verfügung.

Lavendeltinktur ansetzen:

Eine Menge von 125 g frischer oder getrockneter Lavendelblüten wird in 1 Liter hochprozentigem Alkohol 14 Tage lang angesetzt. Danach abseihen, mit destilliertem Wasser auf ca. 20 % Alkoholgehalt verdünnen und lichtgeschützt im Kühlen lagern. Vor einem Sonnenbad die Haut damit einreiben, um diese zu festigen. Das kann ein vorzeitiges Ablösen derselben infolge zu intensiver Einstrahlung hintanhalten.

Lavendel ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya