Die Wachsamkeit unterstützen

7. Juni 2015

Die Hainbuche dabei zu Hilfe nehmen

Bis die Blätter der bereits in sattem Grün atmenden Wälder wiederum zu Boden fallen, dauert es gottlob noch einige Monate. Jetzt gilt es den eingetroffenen Sommer zu nutzen und, wenn es geht, zu genießen. Dabei ist es nicht selbstverständlich, trotz des lange währenden Tageslichtes beständig fit und agil zu bleiben. Nur allzu leicht schleicht sich gewollt oder ungewollt eine Müdigkeit ein, die wir ebenfalls sehr gerne zum Ideal hinaufstilisieren. Aber die Zeit des Lebens ist in seinen einzelnen Tagen derart kostbar, dass es doch schade wäre, dem Schlapp-Sein kampflos das Zepter zu überlassen. Da greife ich lieber nach einem Ast einer Hainbuche (Carpinus betula), die womöglich im nahen Wald steht, und finde so an einem Baum Halt, der kaum von seiner menschlichen Umwelt beachtet wird. Niemand Geringerer als die heilige Hildegard von Bingen bringt mich auf diese Spur. Sie spricht in ihren Pflanzenbeschreibungen von der positiven Aura, die jede Hainbuche imstande ist, auszustrahlen. Sehr wohl mögen Müde und Abgespannte im Schatten einer Weißbuche, wie sie auch heißt, zur Ruhe kommen und ausspannen. Dies dient jedoch dazu, um den Geist zu sammeln und neue Energien aufzutanken, die wiederum ihrerseits die Aufmerksamkeit und die Wachsamkeit in uns zu motivieren wissen. Diese positive Kraft zeigt sich ja allein schon in dem Umstand, dass die Hainbuche trotz eines regelmäßigen Rückschnittes je neu austreibt und ihr Wachstum dort fortsetzt, wo der Mensch ihr durch die Säge oder die Baumschere Grenzen gesetzt hat. Es liegt in der Hainbuche eben die Tugend der Erneuerung verborgen, die man auch in den übrigen Pflanzenteilen vorfindet. Momentan streckt sie uns ihre grünen Blätter entgegen. Sollten wir dieses Angebot ausschlagen?

Auszug aus Hainbuchenblättern:

Von einigen Zweigen einer Hainbuche, die an einem Ort fern von Straßenstaub und Autoabgasen steht, pflückt man die Blätter und schneidet sie klein. Von dem Ergebnis nimmt man sogleich 5 Esslöffel voll und gibt sie in 1/2 Liter guten Obstbrand. 14 Tage miteinander stehen lassen, dann abseihen und mit 1/4 Liter destilliertem Wasser verdünnen. Nochmals in einer verschlossenen Flasche 14 Tage im Fenster stehen lassen. Danach dunkel und kühl lagern. Bei beständiger Müdigkeit und Abgespanntheit kann man die Stirne damit einreiben. Dieser Auszug eignet sich aber ebenso zur Einreibung des ganzen Körpers nach einem Kräuterbad. Hainbuche ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya