Der große Umzug

7. September 2013

Vögel haben nur wenig Gepäck

So entlegen das kleine Waldviertler Städtchen Geras fernab von den wichtigen Verkehrsrouten auch sein mag: hoch über den Dächern spielt es sich ab. Immerhin führen sehr viele Routen der verschiedensten Fluggesellschaften über das niederösterreichische und böhmisch-mährische Grenzgebiet. Mein Mitbruder Simon-Petrus weiß auch, dass man die einzelnen Flugzeuge via Internet genau verfolgen und orten kann. So sehr ich den Fortschritt der Technik auch bewundere, liegen meine Interessen dennoch in geringerer Flughöhe. Nicht so hoch über den Dächern – lediglich eine Schornsteinlänge entfernt – thront seit Jahren das Storchennest über dem von Joseph Munggenast konzipierten Barocktrakt des Stiftes. Bis vor kurzem noch herrschte dort reger Flugbetrieb. Jetzt ist es bereits ruhig, denn die Störche ziehen schon im Land umher, um sich zu größeren Trupps zu verbinden, denn gemeinsam reist sich’s leichter. Beim Evangelisten Matthäus (Mt. 6, 26) finden wir die Vögel als Sinnbild des auf den Schöpfer ausgerichteten Vertrauens: „Seht die Vögel des Himmels an: sie säen nicht, sie ernten nicht und sammeln keine Vorräte in Scheunen; euer himmlischer Vater ernährt sie.“ So betrachtet, sind unsere Zugvögel das Vorbild der guten Touristen. Sie verbrauchen keine fossilen Brennstoffe und hinterlassen daher keine schädlichen Abgase und sie ernähren sich von dem, was sie eben in der jeweiligen Region vorfinden. Die Geraser Störche kommen zusammen mit ihren anderen Artgenossen mit dem Nahrungsangebot vor Ort genauso zurecht, wie dann rund um die Straße von Gibraltar, in Palästina oder in Südafrika. Österreich ist für Zugvögel ein Durchzugsland. Wer nun aufmerksam zum Himmel blickt, erkennt vielleicht den einen oder anderen Gast, den es sonst nur in Büchern oder Dokumentarfilmen zu betrachten gibt.

Augen und Ohren auf:

Einen gesundheitsfördernden Aufenthalt im Freien kann man durchaus mit dem Interesse für die Vorgänge in der Natur verbinden. Neben den bekannten Zugvögeln wie Weiß- und Schwarzstorch, Kiebitz gibt es da auch Raritäten wie z. B. den Wespenbussard, den Baumfalken, den Regenbrachvogel oder die verschiedenen Wildgansarten zu entdecken. Gleichzeitig kann man sich auf die Gelassenheit besinnen, die unsere Lebensqualität enorm steigert. ⓒ Foto: Prior Benedikt Felsinger