Wohltat im Mund

30. Juni 2018

Der Spitzwegerich und seine Wurzeln

Wenn uns irgendetwas aus dem Sinn gerät und das eine oder andere vergessen wird, können wir nur dankbar sein, dass es Augenblicke gibt, in denen wir im wahrsten Sinne des Wortes über das Vergessene stolpern. So werden wir erneut aufmerksam. Das ist alles durchaus menschlich und keineswegs ein Zeichen eines mentalen Abbaus. Es scheint mir, über den Spitzwegerich schon längere Zeit nichts mehr geschrieben zu haben. Das hat er sich aber nicht verdient. Denn bei vielen Gelegenheiten ist er unser Wegbegleiter. Daher dürfen wir als erstes auf seinen Charakter achten, den er mit seinem Wuchs förmlich versinnbildlicht. Der Spitzwegerich steht geduldig auf schlechtem Grund am Wegrand. Er hält es sogar auf ausgebrannten Wiesen und Weiden aus. Selbst in der bedrängenden Enge am Rande von Zäunen harrt er noch aus. Er kann warten und bleibt bescheiden. Der Spitzwegerich überdauert sogar ein faktisches Übergangen-Werden. Davon sprechen weder Werbeträger noch wissenschaftliche botanische Abhandlungen. Das dürfen wir entdecken. Und es uns schenken lassen. In seinen Heilwirkungen dürfen wir vom Spitzwegerich eine entzündungshemmende Eigenschaft entgegennehmen. Ebenso sind Schleimstoffe in ihm enthalten, was wiederum den Atemwegen bei einer Entzündung derselben zugute kommen kann. In der Aufbereitung des Spitzwegerichs denken wir in erster Linie an die Blätter als verwertbare Droge. Ich möchte aber zusätzlich daran erinnern, dass selbst die Wurzel des Heilkrautes in bestimmten Fällen eine brauchbare Grundlage für ein pflanzliches Hilfsmittel sein kann. Vor allem in alpinen Gegenden wird diese Erkenntnis seit Generationen praktiziert und überliefert.

Getrocknete Wurzeln

Jedes Jahr geht man insbesondere im Herbst daran, die Wurzeln des Spitzwegerichs auszugraben und sorgsam zu trocknen, nachdem sie zuvor unter fließendem Wasser gründlich gereinigt wurden. Hat man diesen Vorrat bereits zur Hand, so kann man ihn schon jetzt als lindernde Unterstützung heranziehen. Dies geschieht vor allem, wenn vorübergehend die Zähne zu schmerzen beginnen. Dann kaut man einfach die Wurzel, um über den Speichelfluss alles Wertvolle daraus zu lösen. Man kann dies auch bei Entzündungen der Mundschleimhaut tun. Spitzwegerich ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya