Kolonisierung einmal in die andere Richtung

14. Juli 2015

Der Schmalblättrige Sonnenhut hat das geschafft

Die Geschichten von den fremden Indianern aus dem Wilden Westen haben längst ihren Reiz und ihren Zauber verloren. Kinder sind heutzutage viel zu viel mit anderem beschäftigt, was meiner Meinung nach nicht unbedingt zur Steigerung ihrer Phantasie beiträgt. Zu meiner Zeit, die ich im Kindergarten und in der Volksschule verbringen durfte, war man noch stolz, eine Figur aus Karl Mays Romanen verkörpern zu können. In unseren Gärten aber begegnet man immer häufiger einem botanischen „Indianer“, der aufgrund seiner Beliebtheit gleichsam eine Kolonisierung Richtung Osten, sprich Europa, durchgeführt hat. Der Schmalblättrige Sonnenhut (Echinacea angustifolia) ist ja ohnehin allen an der Naturheilkunde Interessierten kein Fremder mehr. Dazu haben u. a. etliche pharmazeutische Produkte beigetragen, die in den letzten Jahren medial beworben wurden. Diese beinhalten aufbereitete Stoffe aus dem Sonnenhut, der im Übrigen der pflanzlichen Familie der Korbblütler angehört. Als Zierpflanze eignet sich aufgrund seiner Blütengröße der so genannte Rote Sonnenhut (Echinacea purpurea) besser, obwohl auch er zu heilzwecklicher Verwendung taugt. Dennoch konzentriert man sich bei der Verarbeitung eher auf seinen schmalblättrigen Bruder. Nun, wenn man schon Kräuter im Frühjahr ausgesät und ihnen eine oft mühevolle Aufmerksamkeit in Form des Jätens, Gießens und des Abwehrens der allzu lästigen und gefräßigen Nacktschnecken geschenkt hat, so möchte man doch auch einen Nutzen davontragen, indem das Kraut möglichst eigenhändig auch verarbeitet wird. Jeder, der den Sonnenhut in voller Blüte bei sich stehen hat, kann z. B. eine Tinktur ansetzen, die mittels Einreibung der Haut stärkend und belebend auf den ganzen Organismus wirkt.

Sonnenhut-Tinktur fabrizieren:

Zunächst benötigt man ein Gemisch aus frisch abgezupften zerkleinerten Blättern und Blüten des Schmalblättrigen Sonnenhutes, die zuvor gereinigt wurden. 150 g davon werden mit 1 Liter reinem Weingeist übergossen und in einem gut verschlossenen Glasgefäß 2 Wochen lang in die Sonne gestellt. Täglich rührt man das Ganze einmal durch. Zuletzt abseihen, den pflanzliche Rückstand mit 1/2 Liter gekochtem und bereits ausgekühltem Wasser übergießen, durchrühren und ca. 3 Stunden lang stehen lassen. Wiederum abseihen und zur ersten Flüssigkeit gießen. Nochmals 14 Tage im warmen Raum ans Fenster stellen, dann in braune Fläschchen abfüllen und mindestens 3 Monate vor dem Gebrauch dunkel und kühl lagern. Roter Sonnenhut ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya