Kräuter historisch betrachtet

20. Mai 2014

Die Melisse ist immer noch aktuell

Wir Erdenbürger sind auf die Zukunft hin ausgerichtet. Alles in unserem Organismus ist so angelegt, dass wir auch morgen noch leben. Dennoch kann man an uns genauso die Vergangenheit ablesen. Die Merkmale dafür sind nicht bloß unsere Narben und Wunden, sondern z. B. auch unser Gesicht, auf dem sich Merkmale unserer Vorfahren wiederfinden. Die geschichtliche Betrachtung ist für die Bildung eines zivilisierten Menschen von immenser Bedeutung. Die Melisse ist unter diesem Aspekt ein Gewächs, das auch schon unsere Vorfahren kannten und schätzten. Wenn wir uns heute ihrer bedienen, so fußt diese Praxis auf Erkenntnissen, die schon vor Jahrhunderten gewonnen und aufgezeichnet wurden. Eben schlug ich noch eine Faksimileexemplar des berühmten „Kreuterbuches“ von dem „Edlen, Ehrnvesten und Hochgelährten Herrn Adamo Lonicero“ auf, das im Jahr 1679 von Peter Uffenbach überarbeitet und neu gedruckt wurde. Über die Melisse findet sich dort die in originaler Schreibweise wiedergegebene Erläuterung: „Krafft und Wirckung: Es erwärmet / trücknet / verzehrt / heilt und häfftet zusammen. Ist hitzig und trocken im andern Grad. Wird grün und dörr in der Arzney gebraucht. Man mags an der Sonnen dörren / darnach in Schatten hencken. Hat Tugend die leblichen Geister zu kräfftigen / stärcket das Hertz / macht den Frauen ihre Zeit wieder kommen / so lang aussen blieben ist / reiniget die Mutter / und bringt den Frauen Krafft zu gebären.“ Ein Blick in den alten Text zeigt uns schon, wie sehr diesem Kraut Vertrauen geschenkt wurde. In der Küche werden die Blätter der Melisse gerne verwendet, um das eine oder andere köstliche Dessert zu garnieren. Der Duft und der Geschmack des beliebten Krautes sind ja auf keinen Fall zu verachten. Doch dürfen wir der Melisse durchaus auch zugestehen, dass sie mithelfen kann, den von Schmerzen Geplagten einen Blick in eine bessere Zukunft zu wagen.

Vollbad bei Migräne:

150 g getrocknete oder frische Melissen-Pflanzenteile werden mit 3 Liter kochendem Wasser überbrüht. 15 Minuten lang zugedeckt ziehen lassen. Danach abseihen und dem Badewasser in der Wanne beifügen. 15 Minuten darin baden. Zur Förderung der Durchblutung kann man den Körper anschließend mit einem Wacholder-Ölauszug einreiben. Melisse ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya