Ein Kloster, ein Kraut und ein Likör

12. September 2013

Der Ysop hilft Augen und Rachen

Das Mutterkloster des Kartäuserordens, La Grande Chartreuse, liegt abgelegen in einem Tal in der Nähe von Grenoble in Frankreich. Für Touristen ist es unmöglich, das Innere des Klosters zu besichtigen, da sonst die geistliche Ruhe an diesem Ort zerstört werden würde. So kommt es, dass dieses imposante Bauwerk genauso geheimnisumwittert ist wie der berühmte Likör Chartreuse, der fest mit den Mönchen im weißen Gewande verbunden ist. Das genaue Rezept des geschätzten Digestifs wird im Kloster gehütet und von Generation zu Generation weitergegeben. Mit großer Wahrscheinlichkeit wird aber auch der Ysop für die Erzeugung des alkoholischen Kräutergetränkes herangezogen. Dieser Lippenblütler ist ein Kind der Sonne und schlug einst in Südeuropa seine Wurzeln. Sein heiteres Gemüt hat er mitgenommen, als ihn die Mönche des Mittelalters auch weiter im Norden anpflanzten, so dass er sich heute ebenso bei uns in den Gärten großer Beliebtheit erfreut. Wie die Menschen des Südens eine große Gelassenheit ausstrahlen, sorgt auch das Ysopkraut dafür, dass sich verkrampfte Zustande lösen und sich im Körper eine geregelte Harnabgabe einstellt. Die Erfahrungen der Naturheilkunde wissen zudem, dass bei trockenem Husten mithilfe des Ysops hartnäckiger Schleim besser abgehustet werden kann. Ja, die Gelassenheit ist eine Tugend, die heutzutage manchmal mit Befremden beäugt wird. Denn im Laufrad des Profits und der ständigen Änderung von Technik und Mode zählt ja schließlich nur die Leistung. Kein Wunder, dass die Menschen davon krank werden. Man muss nicht unbedingt einen Chartreuse in der Hausbar stehen haben, um das zu erkennen. Aber den Ysop darf man ruhig zur Heilung von Körper und Seele verwenden.

Ysop-Absud für Rachen und Augen:

In 1/2 Liter kaltes Wasser gibt man 30 g von einem Gemisch aus Ysopblättern und -blüten. Diesen Ansatz kocht man dann kurz auf und lässt ihn ca. 10 Minuten lang ziehen. Abschließend abseihen und zum Gurgeln verwenden. Das kann bei entzündetem Zahnfleisch genauso passieren wie bei eitrigen Mandeln. Bei übermüdeten Augen soll man den Absud zum Auswaschen derselben heranziehen, um die Sehkraft zu stärken. ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya