Schweigen schafft Raum

26. August 2012

Wohltuende Ruhe öffnet Augen und Herz

Momentaufnahme aus der Stiftskirche Geras: Es ist kurz vor halb eins Uhr Mittag. Wir singen als Chorherren das tägliche Mittagsgebet in Form von Psalmen. Aufgrund der Urlaubszeit sind wir nur wenige. Aber man hört uns gut. Da betritt ein reiferes Ehepaar die Kirche. Die Frau geht umher, als wäre sie allein in dem Raum, obwohl sie uns wahrnimmt. Der Mann dürfte auch nicht taub sein und fängt in Windeseile an, mit seinem Fotoapparat die Kirche zu „bearbeiten“. „Pieps-Pieps! Klack; Blitz“ Das vollautomatische Gerät gibt seine gewohnten Laute von sich, die die Akustik der Kirche dementsprechend verstärkt. Erst als wir unser Gebet beenden und die Kirche verlassen, sitzen auch beide Touristen in der Bank und starren auf uns Ordensleute, als wären wir gerade von einem fernen Planeten gelandet. Manchmal glaube ich, dass ich in einem schlechten Film mitspiele. Schade, dass viele anscheinend nicht mehr fähig sind, mit Ruhe und Respekt eine Kirche zu betreten und sich dementsprechend verhalten. In dieser Frage sollte man auch nicht allzu schnell über die Jugend herziehen, denn die gesetzteren Zeitgenossen sind da um keinen Deut besser. Wen wundert’s dann, dass so viele in ähnlicher Weise die Wunder der Natur übergehen und übersehen?

Stille einüben:

Heute möchte ich meine Leser einladen, in der Urlaubszeit das Angebot einer offenen Kirchentür anzunehmen, um durch sie in das meist schöne künstlerische Ensemble einzutreten und sich an einen Platz zu setzen, an dem man sich wohl fühlt. Das Handy abschalten und den Fotoapparat zur Seite legen. Die Augen schließen und sich einfach tragen lassen. Wenn möglich ein Gebet sprechen. Die Geborgenheit, den Frieden und die Ruhe genießen. Damit das noch besser funktioniert, vor dem privaten Kirchgang eine Schale Melissentee oder ein sommerliches Getränk mit Melisse zu sich nehmen.
Kategorien: Nachlese