Verfrühter Frühlingsbote

28. Dezember 2015

Die kecken Weidenkätzchen lugen schon hervor

Warten können ist eine Kunst, die es das ganze Leben hindurch mehr und mehr zu lernen gilt. In der Schnellläufigkeit unserer konsumorientierten Gegenwart scheint diese Tugend nicht unbedingt hoch im Kurs zu stehen. Ich selbst gewinne immer mehr den Eindruck, dass sich die Hektik unserer Zivilisation in gewisser Weise auf die Natur überträgt. Immerhin mehren sich die Nachrichten, dass z. B. die Palmkätzchen bereits jetzt im alten Jahr fröhliche Urständ’ feiern. Die milden Temperaturen verhindern nicht nur den ersehnten Schneefall in den alpinen Tourismusregionen: sie kurbeln gleichzeitig das Blütenwachstum der Frühjahrskünder wie eben Haselnuss oder Weide an. Der Pollenwarndienst bestätigt zudem dieses Phänomen. Aber alles hat bekanntlich zwei Seiten. Was den Allergikern vorzeitig Probleme verschafft, kann andererseits für die Naturheilkunde genützt werden. Denn die Kätzchen der verschiedenen Weidenarten sind durchaus auch von gesundheitsförderndem Wert. Von den Weidenästen wird vorzüglich die Rinde geerntet, indem man daumendicke Zweige abschneidet, die Rinde abschält, trocknet und dann zerkleinert. Daraus lässt sich bei Bedarf ein Tee ansetzen bzw. aufgießen. In der Weide wird nämlich der Wirkstoff Salicin gespeichert, der vom menschlichen Organismus in die entzündungsmindernde Salicylsäure umgewandelt wird. In dieser Hinsicht kann man ebenfalls die Kätzchen der ufersäumenden Bäume zur Beruhigung unseres Leibes heranziehen.

Das Schlafen fördern:

Erscheinen auf den Ästen der Salweide oder anderer Arten die männlichen Blüten und schlüpfen aus der sie umgebenden braunen Hülle, kann man diese pflücken und in der Nähe eines Herdes oder einer Heizung rasch trocknen. 1 Esslöffel voll davon übergießt man mit 1/4 Liter kochendem Wasser. 15 Minuten zugedeckt ziehen lassen und hernach abseihen. Den Tee vor dem Schlafengehen mit Honig gesüßt trinken. Das unterstützt das nächtliche Zur-Ruhe-Kommen, damit der Schlaf erst am Morgen des nächsten Tages endet und man ausgeruht ans Werk gehen kann. Weide ⓒ Aquarell von Adolf Blaim, Kräuterpfarrer-Zentrum Karlstein/Thaya